Beitrag zur Veranstaltung:
Sind Rechtspopulismus & Antifeminismus eine Bedrohung unserer Gleichstellungspolitik? (2018)
Zu diesem aktuellen Thema haben wir am 7. Mai mit der in Gleichstellungsfragen sehr erfahrene Brigitte Triems gesprochen. Sie ist Vorsitzende des Demokratischen Frauenbundes und war unter anderem Präsidentin der Europäischen Frauenlobby. Brigitte Triems hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Aufkommen rechtspopulistischer Parteien in Europa näher zu untersuchen. Auf unsere Veranstaltung hat sie ihre Eindrücke mit uns geteilt und eindrücklich dargelegt welche Bedrohung von den Parteien für unsere harterkämpfte Gleichstellung ausgeht.
In ihrem Vortrag stützte sie sich unter anderem auf eine Studie des Tony Blair Institute for Global Change. Hier wurden die Entwicklungen in verschiedenen europäischen Ländern seit 2000 analysiert. In dem Bericht wird Populismus als eine Form der politischen Organisation beschrieben, die ihre Stärke aus der Beschreibung eines vereinfachten Weltbildes von Freund und Feind zieht. Mit dieser Polarisierung behaupten sie sich als angebliche „Stimme des Volkes“. Sie geben vor, die Interessen einer homogenen Gruppe zu vertreten deren Existenz sie unter anderem durch die Rechte von ethnischen und anderen Minderheiten als bedroht darstellen.
In dem von Brigitte Triems durchgeführten europaweiten Vergleich spiegelt sich diese Definition wider. Mit stark reaktionärem Charakter sprechen sie sich gegen die Universalität der Menschenrechte sowie die Einwanderungsgesetze ihrer Länder und der Europäischen Union aus. Sie lehnen die supranationale Organisation der EU ab und betonen die Rückbesinnung auf traditionelle und nationale Werte. Damit stellen sie sich gegen die Pluralität und Diversität der europäischen Gesellschaft.
Ihr reaktionärer Charakter zeichnet sich auch an ihrer Einstellung gegenüber der Gleichstellungspolitik ab. Beim genauerer Betrachtung (und dem Lesen der selten vorhandenen Parteiprogramme) ihrer Familienpolitik und Einwanderungspolitik wird schnell deutlich, dass sie die hart erkämpfte Stellung der Frau in der Gesellschaft ablehnen. So ist zum Beispiel für die Front National in Frankreich und die AFD in Deutschland der Fall klar: Eine Familie sollte aus Mutter, Vater, Kind( er) bestehen und sie sollte weiß sein. Selberverschuldete Alleinerziehende sollten staatlich nicht unterstützt werden. Patchworkfamilien und gleichgeschlechtliche Ehen fallen raus aus ihrem Familienbild. In ihrer Einwanderungspolitik instrumentalisiert die AFD das noch aus Kolonialzeiten stammende Opferbild der weißen Frau, die es, bedroht vom schwarzen Mann, zu schützen gilt. Auch hier wird ihre Sicht auf die Gleichstellungspolitik deutlich.
Die Interessen von Frauen gewinnen nur in Bezug auf die eigenen politischen Ziele der Partei von Bedeutung.
Die Partei spricht sich gegen Gender Mainstreaming aus und positioniert es als Bedrohung unseres Wertesystems. Sie macht es unter anderem für die Verunstaltung der deutschen Sprache und für die Frühsexualisierung von Kindern verantwortlich. Des Weiteren charakterisieren sie Gender Studies als Pseudowissenschaft und den „Equal Pay Day“ als „Propagandaaktion“. Auch die rechtspopulistischen Parteien in anderen europäischen Ländern stehen der AFD in ihrem Frauenbild in nichts nach. So beschreibt Nigel Farage, von der rechtspopulistischen Partei UKIP in Großbritannien Frauen, die Mütter werden, als schlichtweg wertlos für den Arbeitsmarkt. Beim genaueren Hinschauen eröffnet sich schnell ein sehr reaktionäres und traditionelles Bild der Geschlechterrollen. Mit ihrer Politik versuchen sie langfristig die Frau zurück in ihre, angeblich angeborene Rolle als Mutter und Ehefrau zurück zu drängen.
Dass die Parteien mit ihrem Programm erfolgreich sind, zeigt sich an dem wachsenden Zuspruch aus der europäischen Bevölkerung. So hat sich die Anzahl populistischer Parteien seit 2000 von 33 auf 63 erhöht und sich damit fast verdoppelt. Sie halten zunehmend Einzug in die Regierungen der Länder und Staaten Europas. Die Wahlerfolge von Front National in Frankreich, der AFD in Deutschland, der Dänischen Volkspartei in Dänemark oder der PiS in Polen sind nur einige Beispiele. Auch machen sie vor dem EU Parlament nicht halt, wo sie inzwischen in 3 von 8 Fraktionen vertreten sind.
Doch die Parlamente sind nicht der einzige Ort an dem sie die Politik sowie unser pluralistisches Wertesystem negativ beeinflussen. Hat die FPÖ in Österreich Ende der 90iger Jahre noch europaweit für Aufruhr gesorgt, so gilt sie heute schon fast als salonfähig. Ähnliches zeigt sich in Deutschland, wo einige der etablierten Parteien sich in Konkurrenz um Wählerstimmen mit der AFD sehen und ihre Politik auf die der Partei zubewegen. Mit diesem Einfluss auf die europäische Gesinnung und auf die Parlamente gehört Rechtspopulismus schon längst zum neuen Normal der politischen Landschaft Europas.
Damit ist die Bedrohung für die Gleichstellung beschrieben und es stellte und stellt sich die Frage, was können wir als Gesellschaft im Allgemein und als Interessenverbände im Speziellen tun, um diesen Entwicklungen entgegen zu wirken.
Auf positive Resonanz ist der von Französinnen in Frankreich prägnant verfasste Blogeintrag zur sexistischen Politik der Front National gestoßen. Dieser wurde kurz vor der Stichwahl zwischen Macron und Le Pen veröffentlicht. Ein anderes gutes Beispiel kommt aus Großbritannien. Dort hat es sich ein Journalist zur Aufgabe gemacht, die frauenverachtenden Aussagen der UKIP zu sammeln und online zu stellen.
Auch hierzulande gibt es Initiativen, welche die politischen Ziele dieser Parteien, auf den Punkt gebracht, darlegen. So ist der Heinrich-Böll-Stiftung mit „Zur Sache was die AFD wirklich will“ eine übersichtliche Broschüre gelungen, in der sie die eigentlichen Ziele der Partei konkret aufgedeckt hat.
Passend zum Thema fand zwei Tage nach unserer Veranstaltung am 9. Mai der jährliche Europatag statt.
Anlässlich dazu haben sich Europäerinnen und Europäer vor dem Brandenburger Tor versammelt, um sich für ein gleichberechtigtes und demokratisches Europa auzusprechen. Auch solche Aktionen und Demonstrationen sind wichtig um Stellung zu beziehen. Europa, Demokratie und Gleichstellung gehören zusammen und dürfen und können nicht voneinander getrennt werden.
Text: Julia Thierfelder