Beitrag zur Veranstaltung:
Unconscious Bias
Wie unbewusste Denkmuster unser Leben und unsere Entscheidungen beeinflussen
Es war die 3. Videokonferenz des Landesfrauenrats und 170 Menschen haben sich bundesweit angemeldet. Und es hat sich gezeigt, dass eine Veranstaltung im Chatroom mit über 100 Teilnehmenden lebendig, interaktiv gestaltet werden kann.
Unconscious Bias – wie unbewusste Denkmuster unser Leben und unsere Entscheidungen beeinflussen! Woher kommen diese Muster, die auch schnell zu Vorurteilen werden können? Was passiert dabei im Gehirn, wie kann die Wirkmächtigkeit dieser Vorurteile eingrenzt werden? Diese Fragen beschäftigen derzeit offensichtlich sehr viele Menschen, die den Ausführungen von Kathrin Mahler Walther in großer Zahl folgten und sich auch aktiv an den kurzen Befragungen und Workshops beteiligten. Die Referentin ist Soziologin, Trainerin und Geschäftsführerin der EAF Berlin. Sie führt selbst Unconscious Bias Trainings durch und berät Unternehmen auf dem Weg zu einer vorurteilsarmen Organisationskultur.
Im Verlauf des Abends wurde sehr schnell deutlich: Unbewusste Denkmuster beeinflussen unser Leben, unsere Arbeit. Wir sind geprägt von unserer Geschichte, wir bilden Vorurteile, die auf Erlebtem basieren. Und wir brauchen Grund-Erfahrungen, um uns zurechtzufinden. Andererseits prasseln in jeder Sekunde ca. 11.000 Informationsbestandteile auf das Gehirn ein, nur 40 kann es verarbeiten (dazu Daniel Kahnemann, Schnelles Denken, langsames Denken). Viele Entscheidungen werden neben strikt rationalem Denken auch ganz wesentlich vom Bauchgefühl (Sympathie, erster Eindruck) bestimmt.
Mehrere spontane Umfragen unter den über 100 Teilnehmenden und in einem viertelstündigen Treffen in Gruppen mit 3 bis 4 Menschen haben wir uns über unsere eigenen Vorurteile, über unsere Identifikationen, den Wunsch nach Zugehörigkeit (Ingroup=Wir, Outgroup=Die anderen) ausgetauscht. Das war sehr kommunikativ und erkenntnisreich!
Kathrin Mahler Walther hat die Veranstaltung mit vielen Beispielen aus ihrer Arbeit bereichert und unsere Kenntnisse über den nach wie vor bestehenden Gender-Bias bestätigt. Wenn Führungskräfte auf den oberen Leitungsebenen eher durchsetzungsstark sein sollen und diese Eigenschaft eher männlichen Bewerbern zugeordnet wird, dann unterliegen Personalentscheidungen häufig strukturellen Vorurteilen! Ebenso haben wir etwas über den so genannten HALO-Effekt (positive Eigenschaften überstrahlen), Bestätigungsfehler und Group Attribution Biases (Gruppenzuschreibungen) erfahren.
Zuletzt gab uns Kathrin Mahler Walther Anregungen zur praktischen Anwendung im Alltag: Wie können wir die Wirkmächtigkeit der unbewussten Denkmuster eingrenzen? Offen sein, aus der Komfort-Zone der eigenen Einstellungen herausgehen, neue Informationen und Erkenntnisse wertschätzen. Fragen stellen, neue Erfahrungen und Erkenntnisse aufnehmen. Durchsetzungsstark und kommunikativ sein – beides sind wichtige Eigenschaften von Führungskräften. Aber Frauen müssen sich immer noch stärker bemühen, dass ihre Durchsetzungsstärke nicht als ‚Zickigkeit‘ interpretiert wird. Und Männer sollten mehr daran gemessen werden, wie kommunikativ sie wirklich sind.
Ein Zitat von Verna Myers beschloss den höchst informativen und digital interaktiven Abend:
Diversity is being invited to the party. Inclusion is being asked to dance
= Diversitätspolitik meint, zur Party eingeladen zu sein. Inklusion bedeutet, auch zum Tanzen aufgefordert zu werden.
Ein Bericht von Dr. Christine Rabe