Bericht
Smart City Berlin –
Sind die Frauen mit dabei?
Was nach Zukunftsmusik klingt, ist schon längst in der Gegenwart angekommen: Die Umsetzung einer Smart City-Strategie für Berlin. Ein guter Grund auch für alle Feminist*innen, sich darüber zu informieren und diesen Prozess kritisch zu begleiten. Bei der gemeinsam mit dem FrauenComputerZentrumBerlin e.V. (FCZB) organisierten Veranstaltung des Landesfrauenrats Berlin „Smart City Berlin − Sind die Frauen mit dabei?“ am 21. Juni berichteten Beteiligte an der Smart City Strategie über die bisherigen Ergebnisse und den weiteren Verlauf.
Denn eines ist klar, wie Dr. Christine Kurmeyer einleitend hervorhebt: Technik ist keineswegs geschlechtsneutral, auch wenn dies gerne behauptet wird. Umso wichtiger ist es, dass Frauen die Smart City-Strategie mitgestalten: “Wer sich nicht meldet, der wird nicht gehört.”
Sabine Smentek, die erste Staatssekretärin für Informations- und Kommunikationstechnik in Berlin, begleitet den Prozess im Strategiebeirat von Smart City und erklärt den Hintergrund und das Ziel des Modellprojekts Smart City. In den Jahren, als im Berliner Haushalt wenig Geld zur Verfügung stand, wurde nur ein Mindestmaß an Daseinsvorsorge geleistet. Damals beschäftigte man sich nicht vorrangig mit einer Digitalstrategie für die Stadt. Das hat sich jetzt geändert − “Digitalisierung ist ein Zauberwort” in allen Bereichen.
Dabei soll das Konzept Smart City nicht von oben vorgegeben werden, sondern in einer beteiligungsorientierten Entwicklung entstehen. Es gibt einen Phasenplan, in dem sich unterschiedliche Teile der Bevölkerung in verschiedenen Stadien einbringen können.
Der Workshop, den das FCZB in Kooperation mit dem Landesfrauenrat Berlin im März veranstaltet hat, gehörte zu dieser Beteiligung aus der Zivilgesellschaft.
Sabine Smentek unterstreicht: Technisch ist digital alles möglich − in der Verwaltung, in den Kiezen und in den Häusern. „Wir Menschen sind die, die entscheiden, was mit der Technik passieren soll.“ Aber: Man brauche eine gewisse Zeit, um neue Systeme zu etablieren. “Das ist nicht trivial.”
„Smart“ bedeutet in diesem Zusammenhang “die Art und Weise, wie Herausforderungen kreativ, offen, partizipativ und zweckmäßig angegangen werden. Durch die Nutzung neuer Technologien sollen gesellschaftliche Werte und vor allem das demokratische Gemeinwesen gestärkt werden.” (Nachzulesen hier: https://strategie.smart-city-berlin.de/)
Aktuell ist das Projekt noch in der Konzeptionierungsphase. Fragen von Teilnehmerinnen, wie z.B. die Auswirkungen von Smart City im Bereich Mobilität für den Klimaschutz aussehen, kann Sabine Smentek noch nicht beantworten − so konkret sei die Planung noch nicht. Allerdings müssen alle Projekte, die im Rahmen von Smart City gefördert werden wollen, einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten.
Die grundsätzliche Einordnung von Sabine Smentek ergänzt Dr. Karin Reichel vom FCZB.
Das Ziel des Workshops war es, die Sicht von Frauen in die Smart City-Entwicklung einzubringen. Digitalisierungsdiskurse sind sehr männerdominiert. “Das war eine Motivation, uns zu Sprecherinnen zu machen.” Insgesamt wurden zehn Workshops aus der Zivilgesellschaft ausgewählt und gefördert, und das FCZB war mit dabei.
Zu den Anforderungen an eine Smart City gehörten für die Teilnehmerinnen dieses Workshops an erster Stelle umweltfreundliche und sichere Mobilität. Dazu kommen die Ideen von einer „Green City“ mit mehr Grünflächen und umweltfreundlicher Logistik, das Ermöglichen von digitaler Teilhabe und das Schließen des digitalen Gender Gaps, die Verbesserung von Bildungs- und Chancengerechtigkeit, mehr kommunikative Architektur, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die gleichberechtigte Verteilung von Care Work und die bessere Bezahlung von Pflegeberufen sowie auch Female Empowerment allgemein und bezahlbarer Wohnraum für alle, sowie der Erhalt der sozialen Durchmischung in Berlin.
“Was daran spezifisch weiblich ist, darüber kann man trefflich streiten”, so Dr. Karin Reichel. Letztlich sei das Thema Geschlechtergerechtigkeit im Strategiepapier am Ende nicht mehr prominent aufgetaucht. Dr. Karin Reichel zeigt sich ernüchtert, wie wenig der Vorschläge aus dem Frauen-Workshop in das Ergebnis eingeflossen sind und dass die Kommentare dazu nicht eingearbeitet wurden. “Aber wir bleiben dran.”
Sabine Smentek findet es wichtig, dass sich die ‚weibliche Brille‘ bei den Projekten bemerkbar macht. Sie betont: Frauen müssen da mitmachen! Es gibt nämlich Geld. “Frauen sind ja gerne bei der Textarbeit dabei, aber wenn das Geld verteilt wird, sind die Jungs schneller.”
Dr. Christine Kurmeyer ergänzt, dass bei der Begutachtung von Anträgen auf Projektförderung auch Gender Budgeting-Aspekte und Gender Issues berücksichtigt werden. Das betrifft sowohl die Frage, wie Frauen in solchen Projekten bezahlt werden, als auch den Inhalt − welche unterschiedlichen Auswirkungen auf das Leben von Männern und Frauen haben die geförderten Projekte?
Mit dabei an diesem Abend ist auch Karen Laßmann, die das Modellprojekt Smart City leitet und Informationen ergänzt und Anregungen mitnimmt. Auf die Frage von Dr. Christine Rabe, wie die Verteilung von Männern und Frauen an den Workshops und bei der Online-Befragung war, an der sich 1600 Berliner*innen beteiligt haben, stellt Karen Laßmann in Aussicht, die genauen Zahlen nachzuliefern. Es sei darüber hinaus geplant, Rohdaten der Befragungen anonymisiert zu veröffentlichen.
Karen Laßmann verspricht, dass sich die Frauen im Strategiepapier wiederfinden werden. Und auch, dass die Fachsprache, die sich über den Verlauf des Prozesses in das Strategiepapier eingeschlichen hat, verändert und barrierefrei gestaltet wird. Der Strategieentwicklungsprozess soll transparent ablaufen und wird auf der Internetpräsenz des Projekts dokumentiert.
Weiter geht es mit der Smart City-Strategie in der nächsten Legislaturperiode. Da dieser Prozess nicht von der Landesregierung gesteuert wird, wird das Modellprojekt unabhängig vom Wahlausgang weiterlaufen. Sabine Smentek ist zuversichtlich: “Der Prozess wird nicht im Papierkorb verschwinden, egal wie das Wahlergebnis aussehen wird. Dranbleiben lohnt sich!”