Bericht
Gespräch mit Ulrike Gote

Posted by on Jun 29, 2022 in Allgemein

Was sind die wichtigsten gleichstellungspolitischen Vorhaben der neuen Frauensenatorin? Welche Baustellen werden in dem nun umstrukturierten Ressort für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung besonders in Angriff genommen? Der Landesfrauenrat Berlin lud Senatorin Ulrike Gote (Bündnis90/Die Grünen) ein, diese Fragen zu beantworten.

20. Juni 2022 | 18.00-19:00 Uhr | Online-Webinar

 

Die Vorsitzende des Landesfrauenrates Dr. Christine Rabe begrüßte die Runde und freute sich über das große und bemerkenswert breite Interesse. Über 60 Vertreter*innen aus sehr unterschiedlichen Bereichen hatten sich im digitalen Raum eingefunden, um sich über die Agenda des Senats in Gleichstellungsfragen zu informieren und eigene Punkte einzubringen. Bevor dazu diskutiert wurde, bat Christine Rabe um eine Minute des Schweigens in Erinnerung an die kürzlich verstorbene Erdmute Geitner, Politologin und langjährige Sprecherin des Deutschen Akademikerinnenbundes.

Christine Rabe und die 2. Vorsitzende des Landesfrauenrates Dr. Christine Kurmeyer stellten nun der seit rund einem halben Jahr amtierenden Senatorin die aus ihrer Sicht brennendsten gleichstellungspolitischen Fragen. Ulrike Gote bedankte sich für die Gelegenheit des Austausches und nannte als eines ihrer wichtigsten Vorhaben die weitere Umsetzung der Istanbul-Konvention. Auf die Frage, welche Pläne Sie hinsichtlich einer Novellierung des Landesgleichstellungsgesetzes habe, bemerkte Ulrike Gote zunächst, dass sie angesichts ihrer Erfahrungen aus anderen Bundesländern beeindruckt sei, wie weit Berlin in Sachen Gleichstellung stehe. Es sei wichtig zu erkennen, dass bereits viel erreicht wurde und einige wirksame Mechanismen etabliert werden konnten. Gleichstellung sei in den Köpfen Berliner*innen angekommen. Dennoch bestehe Weiterentwicklungsbedarf. Diesem müsse behutsam begegnet werden, da unbedachte Änderungen des Landesgleichstellungsgesetzes zu einem gegenteiligen Effekt führen könnten. Es gelte, solche Einfallstore für Rückschritte zu vermeiden. Die Erarbeitung einer ressortübergreifenden Gleichstellungsstrategie gehe in die richtige Richtung: Alle Ressorts müssten kooperieren, um das gemeinsame Ziel der Gleichstellung zu erreichen.

Ein weiterer Fragenblock thematisierte die Finanzen. Die Vorsitzenden des Landesfrauenrates wollten wissen: Welche Pläne gibt es bezüglich Entgelttransparenzgesetz, Gender Budgeting und der Ausfinanzierung der Fraueninfrastruktur? Ulrike Gote betonte, dass es tatsächlich wichtig sei, die Themen immer wieder nach oben auf die Agenda zu setzen. In Zeiten der Krisen kämen schnell akute Bedarfe auf den Haushalt zu. Um langfristig die genannten ‚dicken Bretter‘ mit vielen schwierigen Details zu bearbeiten, brauche es daher politische Ausdauer und den Druck aus der Zivilgesellschaft. Instrumente wie z.B. das Gender Budgeting seien auf Senatsebene noch nicht weit genug entwickelt. Kürzungen im Bereich der Unterstützungsstrukturen speziell von Frauen hätten gerade noch so abgewendet werden können, jedoch stelle nun auch die Inflation und die steigenden Energie- und Mietkosten eine große Herausforderung für den knappen Haushalt dar. Im Austausch mit den frauenpolitischen Sprecherinnen der Koalition wurde vereinbart, so Ulrike Gote, insgesamt mehr Geld für diesen Bereich bereitzustellen. Gegen eine geforderte Verstetigung bzw. Institutionalisierung von prekären Projekten spreche die zu Grunde liegende Idee, durch befristete Förderungen eine Vielfalt der Projekte und eine stetige Weiterentwicklung der Angebote zu gewährleisten.

Zur weiteren Umsetzung der Istanbul-Konvention werden bereits konkrete Schritte unternommen. Fachgruppen mit Vertreter*innen aus Verwaltung und Zivilgesellschaft würden regelmäßig tagen, so Ulrike Gote. Erste Ergebnisse würden Ende 2022 erwartet. Das sei, so Christine Rabe, ein guter Anlass und versprach, eine Veranstaltung des Landesfrauenrats zum Thema Istanbul-Konvention im November zu planen. Der Landesfrauenrat sei gerne dabei, inhaltlich beizutragen.

Im Anschluss konnten alle Teilnehmenden Fragen an Ulrike Gote stellen. Gesprochen wurde unter anderem über die Rechte älterer Frauen, gendersensible Auftragsvergabe im Sinne von Gender Budgeting, Zugang zu Sprachkursen und Sprachmittler*innen, das Recht auf eine sichere Geburt und gleichstellungspolitische Projekte in Bezug auf den Arbeitsmarkt. Bei letzterem, so betonte Gote, sei sie sehr offen für neue Instrumente. Ulrike Gote bedankte sich für die vielen Impulse. Es sei eine Bereicherung, die Themen und deren Priorisierungen zu hören und in ihre Arbeit mitnehmen zu können. Ulrike Gote bat außerdem um die Zusendung der offenen Fragen aus dem Chat um diese beantworten zu können. Christine Rabe dankte der Senatorin und den Anwesenden für Zeit und Engagement und verabschiedete die Runde.

Ein Bericht von Elena Gußmann.