KLFR-Resolution
„Höchste Zeit für Parität!“
„Parlamente sind – auf Bundes-, Landes-, regionaler und kommunaler Ebene – wesentliche Orte der gesellschaftlichen und politischen Willensbildung und Gestaltung. Frauen – die Mehrheit der Bevölkerung – müssen hier entsprechend vertreten sein.“, heißt es in der am 12.6.2021 von der KLFR, der Online-Konferenz der Landesfrauenräte, verabschiedeten Resolution „Höchste Zeit für Parität!“.
Die Konferenz der Landesfrauenräte (KLFR) fordert
• den Deutschen Bundestag sowie die Landtage erneut auf, Regelungen zu treffen und Öffentlichkeitskampagnen zu initiieren, um eine gleiche Repräsentanz von Frauen und Männern in den Parlamenten zu erreichen,
• die Parteien auf, Wahllisten im Reißverschlussverfahren zu besetzen, und bei der Nominierung für Direktmandate eine paritätische Besetzung mit Frauen sicherzustellen.
Die Konferenz der Landesfrauenräte (KLFR) appelliert
• an die Parteien, innerparteiliche Strukturen und Kulturen so zu gestalten, dass sie für Frauen attraktiv sind sowie aktiv auf Frauen zuzugehen, um sie für politische Führungsaufgaben zu gewinnen,
• an Frauen, sich politisch zu engagieren und nachdrücklich verantwortungsvolle Führungsaufgaben in Parteien einzufordern.
Begründung
Parlamente sind – auf Bundes-, Landes-, regionaler und kommunaler Ebene – wesentliche Orte der gesellschaftlichen und politischen Willensbildung und Gestaltung. Frauen – die Mehrheit der Bevölkerung – müssen hier entsprechend vertreten sein.
Der Anteil von Frauen im Deutschen Bundestag sowie in vielen Landtagen ist aber seit Jahren rückläufig, und – mit durchschnittlich rd. 30 Prozent – im europäischen Vergleich unbefriedigend. Im Gegensatz dazu weisen Länder wie Spanien und Frankreich, die seit langem Paritätsregelungen haben, Frauenanteile von weit über 40 Prozent in ihren nationalen Parlamenten auf.
Bereits 2017 und 2018 hat die Konferenz der Landesfrauenräte gefordert, verfassungskonforme Gesetzesvorschläge zur Erreichung der gleichen Repräsentanz von Frauen und Männern in den Parlamenten zu erarbeiten.
Der Gleichstellungsauftrag aus Artikel 3 Absatz 2 Satz 2 Grundgesetz (sowie ähnliche Regelungen in fast allen Landesverfassungen) verpflichtet den Staat, Maßnahmen zur tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu ergreifen, und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken.
Die 2019 von den Landtagen in Brandenburg und in Thüringen beschlossenen Paritätsregelungen wurden auf Klage der AfD bzw. AfD und NPD durch Entscheidungen der jeweiligen Verfassungsgerichtshöfe (Juli bzw. Oktober 2020) für verfassungswidrig erklärt. Gegen beide Entscheidungen sind Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht anhängig.
Die Entscheidungen aus Thüringen und Brandenburg berücksichtigen nach unserer Auffassung nicht hinreichend die Reichweite des grundgesetzlichen Gleichstellungsauftrags. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom Dezember 2020 über eine Wahlprüfungsbeschwerde zur Bundestagswahl 2017 hervorgehoben, dass es Sache des Gesetzgebers sei, einen angemessenen Ausgleich zwischen den – gleichrangigen – Verfassungsgütern des Artikel 3 Absatz 2 Satz 2 Grundgesetz mit der Parteienfreiheit (Artikel 21 Absatz 1 Grundgesetz) und den Wahlgrundsätzen (Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz) herbeizuführen.
Bislang haben nur einige Parteien interne Regelungen für eine paritätische Platzierung von Frauen auf Wahllisten getroffen. Diejenigen Parteien, die freiwillig das Reißverschlussprinzip praktizieren, weisen einen höheren Anteil von Frauen unter den Abgeordneten auf. Die Anwendung des Reißverschlussverfahrens bei den Wahllisten sowie parteiinterne Festlegungen von ambitionierten Zielvorgaben bei der Nominierung für Direktmandate signalisieren Frauen zudem, dass ihre Mitarbeit in den Parteien gewünscht und geschätzt wird. Folglich kommt es darauf an, innerparteiliche Strukturen und Kulturen so zu gestalten, dass sie für Frauen attraktiv und hinreichend durchlässig sind.
Da – insgesamt betrachtet – die bisherigen Maßnahmen der Parteien noch nicht zu einer angemessenen Repräsentanz von Frauen in den Parlamenten geführt haben, sind nunmehr gesetzliche Regelungen unumgänglich. Diese müssen auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur dritten Option berücksichtigen.
Weitere Informationen gibt es auf den Social Media Seiten und im Newsletter des Landesfrauenrates Niedersachsen e.V., der über die Website des Verbandes abonniert werden kann: www.landesfrauenrat-nds.de